Anja Wittmann lebt auf einem Hof mit Tieren und Menschen und findet, dass das Zusammenleben mit Ziegen ihr manchmal leichter fällt als mit den Mitbewohnern.
Die besondere Zeit im Jahr ist für sie dann der Sommer, wenn sie wochenlang auf einer Alm Kühe versorgt und köstlichen Käse herstellt. Geradezu beneidenswert. Ihr Buchtipp lautet: Daniel Schneider „Allein“ („Leben mit Fragen, auf die es keine Antwort gibt.“) – doch weit gefehlt: Anja ist keine Eigenbrötlerin. Im Gegenteil: sie ist ein fröhlicher Typ, der Menschen liebt. Und im Übrigen sie liest gerne das Notizbuch.
Kürzlich schrieb sie: „Im Moment leben wir in einer äußerst seltsamen Welt. Es ist einfach, sich dieser Welt zu entziehen, wenn man im Sommer auf einer kleinen Alphütte wohnt und im Winter in einem kleinen Dorf. Aber letztendlich frage ich mich oft: Ist es verantwortlich, sich so sehr zurückzuziehen? In der letzten Woche drängen sich mir immer mehr Situationen aus der gleichen Ecke auf: die Spaltung unserer Gesellschaft. Auch hier am Hof, einer so schönen bunten Gemeinschaft, die sich immer sehr aufeinander verlässt, sich aber auch gegenseitig sein lässt, wie man ist, gibt es diese Spaltung. Am Jahreswechsel wollen manche Menschen nicht zum Lagerfeuer kommen, weil sie mit bestimmten Meinungen nicht zurechtkommen. Auch in meinen Freundschaften schlägt sich das nieder. Manche sind zerbrochen.
Wir haben aufgehört, miteinander zu reden. Wir haben aufgehört, den anderen verstehen zu wollen. Wir gehen nicht mehr aufeinander zu. Wir wollen nicht verstehen. Wir grenzen uns ab. Wir sind wütend. Wir haben Angst. Wir sind einsam. Wir haben eine dünne Haut. Und über all diese Impulse vergessen wir, dass wir doch letztendlich das gleiche wollen - in einer Welt zu leben, in der es uns und allen Menschen gut geht, in der wir unser Herz an die Freude hängen. Deswegen ist mein Vorsatz für das neue Jahr, Empathie aufzubringen, auf andere Menschen zuzugehen, wieder offener und weicher zu werden.“ (30.12.2021)