Unser christliches Leitbild

Wir betrachten jedes einzelne Kind als wertvoll.

Gott ist nicht nur Gott des Volkes (Israel), sondern auch jedes Einzelnen. Jeden von uns hat er schon "im Mutterleib gebildet" (Hiob 31,15), er erhält uns, spricht zu uns, hört unsere Gebete und nimmt uns am Ende zu sich. 

Unsere Wertschätzung ist unabhängig davon ...

  • ob ein Kind "Leistung" erbringt.
    Menschen haben keinen Zweck. Sie müssen nichts "erreichen", um wertvoll zu sein. Das ist eine Besonderheit der Bibel: Anders als in anderen Schöpfungsmythen des Alten Orients erschafft Gott das erste Menschenpaar ohne Angabe von Gründen (in anderen Mythen sollen die Menschen z.B. den Göttern die Arbeit abnehmen). 
     
  • ob es sich so verhält wie wir uns das wünschen. 
    Auch Jesus wendet sich insbesondere denen zu, die sich nicht regelkonform verhalten (Zöllner, Prostituierte, Ausgestoßene). Er betont außerdem die Bedeutung der Vergebung (nicht nur 7, sondern 7x70 Mal sollen wir vergeben). Mit seinem Aufruf zur Feindesliebe macht er klar: Die gut behandeln die ich mag ist leicht - ob jemand ein Christ ist zeigt sich daran, wie er die behandelt, die er nicht mag. Und was wir "dem Geringsten" unter unseren Mitmenschen tun (also dem, den sonst keiner mag), "das habt ihr mir getan".
     
  • woher/aus welcher Familie es kommt oder wie es aussieht.
    Der Mensch wird ohne Herkunftsbezeichnung erschaffen. Er ist einfach Mensch. Am Anfang leben alle Menschen laut der Erzählung über den Turm von Babel zusammen und sprechen eine Sprache - die Zerstreuung wird negativ bewertet! Die Einheit der Menschheit ist der Idealzustand. Die ersten Christen betonen: Wer zu Jesus Christus gehört, für den gelten keine Unterschiede mehr (Geschlecht, Herkunft, Status etc.). "Jetzt ist es nicht mehr wichtig, ob ihr Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, Männer oder Frauen seid: In Jesus Christus seid ihr alle eins."
     
  • welches Geschlecht es hat. 
    Das Christentum entstand in einer patriarchalischen Gesellschaft. Umso erstaunlicher ist, dass die Frauen zu Beginn der neuen Bewegung eine herausragende Stellung einnehmen: Sie folgen Jesus als Jüngerinnen, sie halten zu ihm bis zu seinem Tod, sie sind die ersten Zeugen der Auferstehung und sie verbreiten das Evangelium als Apostelin (Junia), als Diakoninnen und als Missionarinnen. Leider holte die damalige gesellschaftliche Realität auch das Christentum wieder ein. Erste Spuren der Unterdrückung von Frauen auch im Christentum finden sich sogar schon in der Bibel. Umso wichtiger ist die Erkenntnis: Jesus hat nie einen Unterschied zwischen Frauen und Männern gemacht. 
     
  • was es (nicht) glaubt.
    Jesus zeigt sich niemals intolerant gegenüber Andersgläubigen und stellt den sprichwörtlich gewordenen "barmherzigen Samariter" (die Samariter waren keine Juden und glaubten auf eine andere Art) sogar als gutes Beispiel hin; Paulus spricht bei seiner Rede in Athen davon, dass auch die Griechen (also "Heiden" nach damaliger Lesart) Gott möglicherweise bereits "unbekannterweise" verehren - auch wenn sie ganz anders glauben als die Juden oder Christen: "Diesen Gott, den ihr verehrt, ohne ihn zu kennen, möchte ich euch nun bekannt machen." 

Wir heißen gut und fördern ...

  • wenn ein Kind selbst denkt und zweifelt. 
    Auch in der Bibel wird gezweifelt! Das ganze Buch "Prediger" ist vom Zweifel und der Melancholie gekennzeichnet. Ganz prominent zweifelt auch Jesus am Kreuz, wenn er Gott fragt: Warum hast du mich verlassen? Gerade als Evangelische fördern wir das eigenständige Denken und zweifeln auch an religiösen Aussagen, denn nur weil Martin Luther das getan hat, nennen wir uns heute evangelisch-lutherisch. 
     
  • eine positive Sichtweise auf den Körper, seine Entwicklung und seine Bedürfnisse.
    In der damaligen Philosophie (Platonismus) galt der Körper als Gefängnis der Seele. Nur sie war vom Wert, was man mit dem Körper anstellte egal. Der Apostel Paulus aber betont: Der Körper ist der "Tempel" und entsprechend sollen wir ihn wertschätzen. Auch die Sexualität gehört zu den natürlichen und gottgegebenen Bedürfnissen dieses wunderbaren Körpers. Das Buch "Hohelied der Liebe" z.B. versammelt viele erotische Lieder, die die körperliche Liebe preisen. 
     
  • jedwede Gefühle (nicht jedes Verhalten!).
    Jesus kann uns hier Vorbild sein: Er erlebte als ganzer Mensch auch die ganze Palette menschlicher Gefühle. Er weinte, freute sich, warf vor Zorn die Tische der Händler um und trauerte um verstorbene Freunde. Auch die Psalmen zeigen: Alles ist erlaubt, wenn es um mein Innerstes geht. Psalmbeter wünschen sich zum Beispiel blutige Rache für ihre Feinde, freilich um am Ende dann doch die Wiederherstellung der Gerechtigkeit Gott zu überlassen. 

Wir sehen in jedem Kind eine Sehnsucht nach ...

  • Beziehung zu anderen Kindern, weshalb wir ihm helfen, in die Gemeinschaft hineinzuwachsen und Konflikte im Miteinander zu lösen. 
     
  • Beziehung zu uns, die wir fördern z.B. durch aktives Zuhören und wahrnehmen von Bedürfnissen.
    Menschen sind auf Beziehung hin geschaffen. Deswegen sagt Gott in der Schöpfungsgeschichte: "Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist."
     
  • Beziehung zum Unendlichen, der wir durch entsprechende Angebote (z.B. Andacht, Tischgebet …) Raum geben.  
    Dass der Mensch sich nach dem Unendlichen, nach Gott sehnt, zieht sich als Thema durch die ganze Bibel. Ein Beispiel ist Psalm 63: "Gott! Du bist mein Gott, dich suche ich! Ich sehne mich nach dir mit Leib und Seele; ich dürste nach dir wie ausgedörrtes, wasserloses Land."
     
  • Schönheit, die wir bedienen durch Naturerfahrungen, künstlerisches Gestalten, Gestaltung der Räume, Musik etc.
    Die Bibel singt das Lob der Schönheit: In der Schöpfungsgeschichte ("und es war sehr gut") aber auch in den Psalmen oder im Hohelied der Liebe. Unsere tiefe Sehnsucht nach der Natur ist letztlich nichts anderes als die Sehnsucht nach Schönheit. Schönheit hat mitunter auch einen Zweck (sie dient der Evolution der Arten), aber oft ist sie völlig zweckfrei - eben einfach nur schön. So wie ja auch das menschliche Leben keinem Zweck unterworfen ist. Sich an der Schönheit der Welt zu erfreuen, selbst etwas Schönes zu schaffen (in der Kunst, der Musik) entspricht daher unserem Schöpfungsauftrag. 

Wir setzen uns zum Ziel ...

Wir wissen, dass jedes Kind und auch wir abhängig sind von der Liebe anderer. Wir schenken diese Liebe und sind bereit, sie uns schenken zu lassen.

Wir kommen von Gott und kehren heim zu ihm. Unsere Existenz beginnt als Säugling völlig hilflos, angewiesen auf die Fürsorge anderer Menschen, und oftmals endet sie ebenso (daher heißt es in den 10 Geboten wir sollen Vater und Mutter ehren, damit ist die Fürsorge für die alt gewordenen Eltern gemeint). Doch auch während unserer "besten Jahre" wären wir alleine verloren wie Elia in der Wüste. schon unsere Existenz ist abhängig, hilflos kommen wir zur Welt, wir sind verloren allein (z.B. wie Elia in der Wüste). Dies zu wissen ist ein elementarer Teil christlicher Grundhaltung (Stichwort: Demut).